Montag, 28. Oktober 2013

Kulturschock

Ihr lieben Freunde und Familie und andere Mitleser!
Ich hab lang nix mehr von mir hier sehen lassen, ich weiß, deshalb jetzt mal ein Bericht.
Für mich fühlt es sich hier gerade so an, also ob die Zeit wie im Flug vergeht.

Es ist schon über 2 Wochen her, dass ich wieder in Oxapampa zu Besuch war, dieses Mal waren allerdings noch 2 andere Freiwillige aus Lima dabei und wir hatten mehr Zeit als nur ein Wochenende, weil ein Feiertag war und somit alle 4 Tage frei hatten. Insgesamt waren wir eine Gruppe von 8 Deutschen und zusammen haben wir uns auf die Suchen nach den deutschen Wurzeln oder Überbleibseln mitten im gebirgigen Regenwald gemacht. 

Unser Ziel war Pozuzo, eine deutsch-österreichische Kolonie (laut eigener Aussage die einzige weltweit). Um dorthin zukommen musste man bis 1975 sein Gepäck auf ein Muli laden und sich dann zu Fuß oder auf eine Muli auf den Weg machen, heute gibt es eine "Straße" und man kommt in immerhin 3 Stunden von Oxapampa aus dort an. 
Die Fahrt auf der schlammigen Piste -auf der einen Seite steigt der Berg an und auf der anderen Seite geht es mal mehr mal weniger steil und mal näher und mal ein bisschen weiter vom Straßenrand entfernt ins Flusstal- ist Abenteuer und Tortur zugleich. Wir hatten das "Glück" das auch noch alle paar 100 Meter Bauarbeiten waren und nach einer 12 stündigen Busfahrt (Lima-Oxapampa) sind weitere 3 Stunden auf einer matschigen Schlagloch-Piste in einem Auto ohne Beinfreiheit, von Federung wollen wir gar nicht erst reden, und einem Fahrer dem die "off-road"-Tour zu gefallen scheint, alles andere als entspannend oder angenehm, an "Schlaf nachholen" war nicht zu denken.
Nachdem wir kurz vor dem Ziel einmal alle aussteigen mussten, damit der kleine Bus den Fluss durchqueren konnte, fuhren wir als erstes durch den Ortsteil „Prusia“ (=Preußen) (ja, Preußen ist hier Teil der deutsch österreichischen Kolonie) bevor wir in Pozuzo  ankamen. Im Hostel angekommen wurden wir mit einem sehr schönen Tirolerisch empfangen, ein eher komisches Gefühl mitten in Peru und dann auch noch, wenn man, wie ich, normalerweise nur Spanisch spricht und Englisch liest…
Sachen da lassen und los zum „Stadt“ entdecken, was wir dazu gelernt haben: Verlasse dich nie auf den einzigen Geldautomaten weit und breit. Erst hat er die Karte des einen nicht gelesen und dann die Karte der anderen einbehalten, weil er sich mitten in der Transaktion ausgeschaltet hatte. Zum Glück bin ich bei der gleichen Bank und so hatten wir dann wenigstens die Telefonnummer zum Anrufen. ("Mama Lisa ist zu ihrem eigenen Erstaunen super ruhig und praktisch-handelnd an die Sache herangegangen" (gut es war nicht meine Karte))
So nachdem der Ort nicht besonders groß ist war das Anschaun schnell erledigt, außerdem kam dann auch schon die Dämmerung und dann wars dunkel. Also machten wir uns auf den Weg die Überbleibsel der "deutschen" Kultur (deutsch scheint in vielen Teilen der Welt mit bayerisch gleichgesetzt zu werden) auf dem Pozuzofest zu begutachten.Diese Veranstaltung war tatsächlich seltsam, für mich zu mindest. Also die Trachten sehen schon mal sehr ähnlich aus, allerdings sind die meisten Lederhosen nicht aus Leder, weil die Leute sich das nicht leisten können. Die Tänze waren auch sehr schön und vor allem auch viele Jugendliche sind in Gruppen aufgetreten, allerdings wurden die typischen Spiele wie Maßkrug-Stemmen und so weiter eher weniger nach den Regeln gespielt (ein Armwechsel wurde da schon mal übersehen usw.), aber der Spaß zählt.
Zu essen gab es Schnitzel mit Kartoffelsalat oder Bratwurst, aber mit Aji (Chilipaste), und Brezeln, die allerdings tiefgefroren aufgebacken wurden, also wie wenn man die vom Aldi nicht richtig auftaut, bevor man sie backt und dann bleiben sie klein und hart und die waren auch trocken, trotzdem kommt ein bisschen heimatlicher Geschmack auf.
Bleibt noch die Musik: Am Anfang war es ein "DJ" der jedes Lied grauenhaft abgebrochn hat und dann kam "Anton aus Tirol", die Leute verstehen kein Wort vom Lied, aber das ist anscheinend der Party-Schlager schlechthin, sozusagen der "Wiesn-Hit" jeden Jahres.
Nach ewigen ankündigen und dem Gaucho ..., der entweder schon zu viel getrunken hatte, um die Töne zu treffen, oder die Leute zum Trinken animieren sollte, weil man nur so den Gesang länger anhören konnte, kam dann die lang ersehnte Gruppe "Freiheit" (der Moderator hat es immer wie Frechheit ausgesprochen), die auch nicht das hielt, was der Moderator versprochen hatte.
So gegen neun gab es dann den obligatorischen "Regen"wald-Regenschauer, der aber schnell wieder aufhörte und danach machte sich auch ein Teil der Gruppe schon auf den Rückweg, um sich auszuruhen von der Fahrt und weil es tatsächlich nicht so fesselnd war wenn man sich nicht am Biertrinken beteiligte.


Am folgenden Tag wollten wir eigentlich den roten Felsenhahn im nahen Nationalpark besuchen, aber nach den Regefällen der späteren Nacht, dem Abraten des Hotelbesitzers und organisatorischen Schwierigkeiten entschieden wir uns für die Rückfahrt am Sonntagmittag, um den Rest der Zeit gechillt und in Ruhe in Prosoya zu verbringen. 

Am Montag unternahmen wir alle zusammen einen Ausflug über Oxapampa nach Tsachopen, einem angeblich indigenen Dorf, wo man sich gegen Geld mit den traditionellen Gewändern verkleiden und fotografieren kann, ich habe allerdings keinen der Einwohner in diesem Aufzug gesehen.Es ist sehr auf Touristen ausgelegt dort und in einer großen Gruppe bekommt man natürlich noch weniger Kontakt zu den Einheimischen. Also sind wir einfach durch die Felder gewandert, haben am Fluss gechillt und sind später wieder zurück gefahren.Ich habe sogar eine der Frauen beim anmischen eines Spritzmittels in einer Handspritze gesehen, so ist eben der Unterschied, zwischen Realität und dem was ich gerne sehen würde.

Die restliche Zeit verbrachten wir ruhig in Prosoya, wo auch noch eine andere Deutsche, Hannah, war, die die letzten 5 Jahre die Buchhaltung im Krankenhaus in Curahuasi (Diospi Suyana) gemacht hat, wo im moment auch mein ehemaliger Tutor aus dem Studium ist und ein Jahr Freiwilligendienst nach seinem Bachelor macht. - So klein ist die Welt-


Baden, Lesen und chillen sind immer noch schöne Beschäftigungen, vor allem wenn man aus der vernebelten Hauptstadt kommt und die Chance hat Natur, Stille und Sonne zu tanken.


So jetzt habe ich mega viel und wahrscheinlich auch ein bisschen durcheinander erzählt, tapfer wer alles gelesen hat ;-) 

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